DER STUDENT VON PRAG Januar 2017

Lesen Sie auch die Besprechung des Abends auf der Seite von KULTURVISION: Orgelspektakel zum Stummfilm

 

Um mit einem Stummfilm eine ganze Kirche zu füllen, muss man sich schon etwas einfallen lassen. Alexander Pointner (47) gelingt das. Einmal im Jahr kommt er nach Miesbach und improvisiert an der Orgel eine Filmbegleitung. Am Freitag, 27. Januar um 20 Uhr ist es wieder soweit: In der Apostelkirche in Miesbach zeigt das Team Kino-in-der-Kirche den Stummfilm „Der Student von Prag“ zur Orgelbegleitung von Alexander Pointner.

Der Film erzählt die Geschichte vom armen Studenten Balduin, der sein Spiegelbild für 100.000 Gulden an den Scharlatan Scapinelli verkauft. Mit diesem Geld will er am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und seinen sozialen Stand erhöhen. Der Aufstieg gelingt ihm, aber sein Spiegelbild begleitet ihn ständig. Bald ist Balduin auf der Flucht vor seinem „anderen Ich“. Es kommt zu Streit und schließlich zu einem tödlichen Duell.

Pointner begleitet den Film ohne eine geschriebene Note. Für seine Improvisation hat er sich intensiv auf die verschiedenen Themen und Szenen vorbereitet. Dabei orientiert er sich an der europäischen Musik-Tonsprache der 20er Jahre. „Man arbeitet viel mit Leitmotivtechnik“, so Pointner. Bei charakteristischen Szenen ist das einfacher. Aber bei einem Film mit 85 Minuten ist es eine Herausforderung. Vor dem Auftritt schaut er sich den Film deshalb etwa zehn Mal an. Wo sonst der Notenständer steht, platziert er einen Bildschirm. „Die Handlung an sich ist nicht das Problem. Es sind die Szenen, bei denen die Musik auf eine Zehntelsekunde genau passen muss.“

Alexander Pointner ist einer der wenigen Organisten, die diese Kunst der Improvisation und des genauen Timings beherrschen. Er studierte katholische Kirchenmusik und Komposition an der Münchner Musikhochschule. Eine gute Voraussetzung, wie er selbst meint: „Kirchenmusik hat auch mit Improvisation zu tun.“ Obwohl Stummfilme mit Live-Begleitung in den letzten Jahren wieder bekannter geworden sind, bleibt eine Begleitung an der Orgel eine echte Rarität. Die Voraussetzung dafür ist, dass es im Aufführungsraum überhaupt eine Orgel gibt. Die evangelische Gemeinde in Miesbach macht diesen seltenen Kunstgenuss seit Jahren dadurch möglich, dass sie den Film in der Kirche selbst aufführt. „Wir freuen uns schon sehr darauf“, sagt Martin Reents vom Team Kino-in-der-Kirche. „In Miesbach hat Alexander Pointner eine echte ‚Fan-Gemeinde‘ – Im ursprünglichsten Sinne des Wortes.“